Archiv für den Monat: Juli 2012

Dort sein, wo die Nutzer sind, dort sein, wo die Nutzer sind….

Nachfolgender Beitrag findet sich als kleine Kolumne auch im neuen Blog Information and Web Science  der DGI (Deutsche Gesellschaft für Informationswissenschaft und Praxis)

Kennen Sie das auch? Sie halten einen Vortrag und wundern sich, dass am Ende sich die Zuhörer im Wesentlichen nur an die aufwändig gestaltete PowerPoint und die behutsam eingestreuten Scherze zur Auflockerung des inhaltsschweren Vortrags erinnern können. Und sind wir ehrlich zu uns. An was erinnern wir uns selber bei gehörten Vorträgen nach einem Jahr, ohne auf unsere Aufzeichnungen zurückzugreifen? Meist bleibt uns der Eindruck des Referenten. War er kompetent, umgänglich, humorvoll oder war seine Krawatte so ausgefallen damit sie in die ewigen Jagdgründe unseres Gedächtnisses eingeht. Ein Weg, dem zu begegnen, ist sich schon fast mantraartig zu wiederholen und die Kernbotschaft des Vortrags immer wieder und wieder ins Gedächtnis der Zuhörer zu schreiben.

Eine dieser Botschaften bei meinen Vorträgen in den letzten Jahren war: „Dort sein, wo die Nutzer sind“. Ich meinte dies immer nicht nur bezogen auf den virtuellen Raum, sondern auch auf den physischen Ort des Aufenthalts. Um überhaupt aber diesen virtuellen Raum nutzen zu können, ist aber natürlich eine gute Netzanbindung notwendig, die zum Beispiel über eine Universaldienstverpflichtung zu realisieren wäre. Hier hat die Politik noch ihre Hausaufgabe zu machen. Ich möchte jetzt aber nicht über den Breitbandausbau oder darüber philosophieren, dass eine Trennung zwischen virtuell und real heute eigentlich nur noch schwer vorzunehmen ist, sondern vielmehr einen Blick darauf werfen, was wir aus dieser Botschaft „Dort sein, wo die Nutzer sind“ gemacht haben.

Viele haben das Begriffspaar virtueller Raum gleich mit dem Begriff Internet gesetzt, aber nur das World Wide Web verstanden und neue Dienstformen wie App`s ausgeblendet. Daher ist außer vielen schlauen Publikationen in unserem Bereich noch nicht wirklich viel zu finden. Andere haben gleich nur World Wide Web gehört und Facebook verstanden. Zweifelsohne scheinen sich in diesem sozialen Netzwerk die Nutzer zu tummeln und so entstanden erst Facebookprofile im Namen von Institutionen, dann Gruppen und letztendlich die Repräsentationsform der Seite. Diese wurde in der Folge fleißig mit Informationen gefüttert, die natürlich nur zum Teil auf der Homepage der Einrichtung sich wieder fanden. Dabei sollte gerade das faktische Sterben von Plattformen wie Lokalisten und StudiVZ Warnung genug sein, sich nicht allein auf externe Anbieter zu verlassen.

Aber was wurde denn aus dem „Dort sein, wo die Nutzer sind“ auf Facebook? Eine sicher an dieser Stelle nicht genannt werden wollende Einrichtung war überrascht. Plötzlich waren hundert Nutzer in einem kurzen Zeitraum sicher wohl aus Versehen auf den „Gefällt mir“ Button gekommen. Es wurde sogar gemutmaßt, jemand könnte böswilliger Weise Geld für bezahlte Facebookfreunde aufgewandt haben. Wahrscheinlicher war es wohl, dass viele aus dem lokalen Umfeld auf die Seite aufmerksam wurden und tatsächlich die Arbeit der Einrichtung als so gut bewerteten, dass ein Klick auf den Button unvermeidbar war.
Aber was machten andere Einrichtungen? Manch einer war fleißig und baute seine Homepage in Facebook nach und war stolz, nun auch seinen OPAC in Facebook zu zeigen. Andere beschränkten sich darauf, intensiv über ihre Schließzeiten zu berichten. Wieder andere veröffentlichten fleißig lustige Späße anderer Einrichtungen aus allen Ländern der Informationswelt, die selbst unter Branchenkennern auf nicht mehr als ein Schmunzeln stießen. Viele informierten über die neuesten Inhalte ihrer Einrichtung und lagen damit zumindest gefühlt nicht allzu falsch. Nur was hat meine Einrichtung mit diesem fremden Content zu tun? An eine mögliche Individualisierung oder kooperative Erstellung von Inhalten wurde selten gedacht. Auch den möglichen Content mit den Nutzerinteressen gezielt zu kombinieren war nur selten zu beobachten.

Und jetzt? Jetzt haben wir in der Mehrzahl die technischen Hürden, um dort zu sein, wo die Nutzer sind, überwunden und können mit einem fundierten Kommunikationskonzept „Dort sein, wo die Nutzer sind“. Jetzt sind wir da. Machen wir etwas daraus.

Dann kann ich bald auch von einem anderen Mantra berichten…